Jesuitenkirche: Warum riecht es hier so komisch? Wir befinden uns in der Jesuitenkirche, die im Jahre 1677 eingeweiht worden ist. Die Kirche diente einerseits als Ort der Seelsorge von den Jesuiten und andererseits als Schulkirche für das Jesuitengymnasium. Weisst du aber, wer die Jesuiten sind? Die katholische Ordensgesellschaft der Jesuiten wurde um 1540 vom Spanier Ingnatius Loyola gegründet. Die Jesuitenmönche haben sich für die Seelsorge und später für Bildung eingesetzt. Auch heute setzen sich die Mönche des Jesuitenordens noch stark für die Bildung ein. So sind sie beispielsweise in der Flüchtlingshilfe tätig und haben die Hilfsorganisation «Jesuit Refugee Service» gegründet, welche unter anderem Deutschkurse gibt. Nun aber zurück zur Kirche! Die Jesuitenkirche ist also in der Epoche des Barocks entstanden. Sollte dir der Begriff «Barock» noch unbekannt sein, dann schaue dir die Kirche etwas genauer an: Siehst du die vielen Verzierungen an den Wänden und die Gemälde an der Decke? Findest du nicht auch, dass die Kirche unglaublich imposant und pompös wirkt? Tatsächlich ist der Barock das Zeitalter der prunkvollen Kleider und der noch prunkvolleren Kirchen und Königshäuser. Barock leitet sich von «pérola barroca» ab. Das ist portugiesisch und bedeutet «schiefrunde Perle». Dieser Begriff ist aber erst um 1750 entstanden und wurde abwertend für die übertriebene Kunst des Barocks verwendet. Die musikalische Epoche des Barocks ist das Zeitalter der Affektenlehre. Damit ist eine bestimmte Art zu Komponieren gemeint. Die damaligen Komponisten, wie zum Beispiel Antonio Vivaldi, nutzten dieses neue Kompositionsprinzip, um bestimmte Gefühle, oder sogenannte Affekte, beim Zuhörer auszulösen. Zudem sind in dieser Epoche zwei Musikgattungen entstanden: Die Oper und die Fuge. Auf die Oper werde ich an einem anderen Zeitpunkt unserer Reise eingehen. Hören wir uns nun den Beginn von Johann Sebastian Bachs Fuge in g-Moll an: (Musik) Bei der Fuge handelt es sich um ein mehrstimmiges Vokal- oder Instrumentalstück. Johann Sebastian Bach war einer der berühmtesten Komponisten des Barocks. Er komponierte zahlreiche Fugen für Orgel und Cembalo. Der Barock war auch das Zeitalter der Fülle und der Extreme. Stelle dir den Königshof von Louis XIV., dem damaligen König Frankreichs, vor. Ein paar Flöten konnten wohl kaum die Macht des Sonnenkönigs darstellen, nicht wahr? Ein grosses Orchester musste also her. Ein Hof hatte somit einen eigenen Kapellmeister, seine eigenen Musiker und seinen eigenen Chor, die die Macht des Königs repräsentieren sollten. Auch die Kirche nutzte Musik als Repräsentationsmittel, um ihre Stärke zu zeigen. Beliebt waren Orgel- und Chormusik. Doch wie lebten denn die Menschen im Zeitalter des Barocks und wie sahen sie denn so aus? Stelle dir weissgepuderte Gesichter, pompöse, grosse Kleider und Perücken vor. Ganz viele Perücken. So sahen die Adeligen nämlich im Barockzeitalter aus. Und sie stanken höllisch nach Parfum. Denn tatsächlich fürchtete man sich im Barock vor dem Baden, weil man glaubte, dies würde den Körper schwächen. Die weissgepuderten Gesichter und mit Rouge geschminkten Wangen, galten als «in», man wollte so bleich wie nur möglich aussehen, denn schliesslich galt das als noble Blässe. Es zeigte, dass man es nicht nötig hatte, wie die armen Bauern auf den Feldern zu ackern. Denn diese waren von der Sonne stark gebräunt. Nach dem 30- jährigen Krieg, der 1648 zu Ende ging, herrschten in Europa zwei verschiedene Lebenseinstellungen: Entweder gab man sich dem Leben und den alltäglichen Sinnesfreuden hin, weil man nach dem Krieg das Leben endlich wieder feiern wollte, oder man führte ein gottesfürchtiges Leben. Hören wir einmal in einen Königspalast während eines Festes hinein… (Musik) Karl: «Himmel, wie viele Unterröcke trägst du heute Abend denn wieder» (kichernd) Anna: «Karl nein, stopp, hihihi, lass das sein, wir sind in der Öffentlichkeit!» Karl: «Es ist einfach nur schön endlich wieder ausgelassen mit dir tanzen zu können! Ist das nicht schön, dass wir jetzt wieder unser Leben geniessen dürfen?» Anna: «Ja, wenn da nicht immer meine nörgelnde Mutter wäre. Sie zwingt mich jeden Tag, die Bibel zu studieren. Das ist so öde! Sie meint, ich müsste mehr Gottesfurcht zeigen. Ich habe mich die letzten drei Jahre des Krieges gefürchtet!» Karl: «Na also! Dann zeig mal deine Unterröcke als Protest! Deiner Mama zuliebe. Anna: «Hihi, Karl!» Karl: (unschuldig) «Ich möchte nur sehen, wie du es schaffst, immer so voluminös auszusehen! Ausserdem, du siehst heute hinreissend aus. Deine Blässe erinnert mich an den Vollmond und deine roten Wangen an pralle Sommeräpfel.» Anna: «Ach Karl, bei dir muss ich immer gleich schwach werden.» Karl: «Was meinst du, heute ein bisschen Spass haben und morgen dann zur Beichte gehen?» Anna: *seufzt*